
Herausforderungen und Chancen für Entwickler von MedTech-Software
In der Medizintechnik-Branche jagt eine Innovation die nächste mit dem Ziel, die Patientenversorgung zu optimieren. Mit der Digitalisierung ermöglichen neue Geräte und die Entwicklung medizinischer Software bessere Methoden der Behandlung und Diagnose von Patient:innen. Die Entwicklung dieser neuen Medizintechnik bringt eine Reihe Vorteile mit sich. Sie birgt aber auch die eine oder andere Herausforderung bei der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften und Branchenstandards.
Wir haben mit unserem Experten für Embedded Software Research Patryk Monarcha gesprochen und beantworten aus einer Insider-Perspektive heraus die Frage, was innovative medizinische Software auszeichnet.
Medizinisches Verständnis als Erfolgsfaktor bei der medizinischen Softwareentwicklung
Eine der Lösungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist die enge Zusammenarbeit mit medizinischen Fachkräften, einschließlich Ärzt:innen und Spezialist:innen.
Patryk Monarcha, unser Spezialist für Embedded Software Research, erklärt: „Man sollte genau wissen, was man programmiert – und medizinische Grundkenntnisse haben. Wenn unser Team zum Beispiel ein Herzsignal analysiert, müssen wir verstehen, wie das Signal aussehen sollte, wie das Herz funktioniert, warum die Werte in der Grafik abfallen usw.“

Für einen Softwareentwickler kann eine äußere Störung beispielsweise ein charakteristischer Punkt auf der Kurve sein – aus Sicht eines Arztes kann derselbe Punkt auf eine Krankheit hindeuten. Unternehmen müssen signifikante Unterschiede wie diesen berücksichtigen, damit die Software oder das Gerät letzten Endes den beabsichtigten Zweck erfüllt. Schließlich können sie sich direkt auf die Sicherheit und das Wohlbefinden des Patienten auswirken.
Ein ständiger medizinischer Austausch trägt dazu bei, dass die Produkte den Bedürfnissen der medizinischen Fachkräfte und möglichst vieler Patient:innen entsprechen. Im Idealfall findet der Austausch direkt mit der Einrichtung bzw. der Fachkraft statt, für die die Software bzw. Geräte entwickelt werden.
„Die effektive Kommunikation mit dem Projektteam des Kunden ist ein fortlaufender Prozess in unserer Arbeit – vor allem, wenn wir Geräte für die nächste Generation der Medizintechnik entwickeln wollen. Das ist von entscheidender Bedeutung, damit unser Team die medizinischen Standards erfüllen und sicherstellen kann, dass unsere Technologie mit den Bedürfnissen von Ärzten und Patienten übereinstimmt“, unterstreicht Patryk Monarcha.

Erfüllung regulatorischer Standards für medizinische Software
Die Gesundheitsbranche ist ein stark regulierter Bereich, in dem Unternehmen, Kliniken und andere Einrichtungen zahlreiche Gesetze und Vorschriften einhalten müssen. Die folgenden Normen und Verordnungen gehören zu den wichtigsten:

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Die DSGVO beschreibt Gesundheitsdaten als besondere Kategorie personenbezogener Daten und definiert Maßnahmen für einen umfassenden Schutz dieser Informationen. Zum Beispiel unterliegen die Vorschriften für klinische Studien und mobile medizinische Anwendungen strengen Datenschutzregeln. Diese stellen sicher, dass beim Einsatz der Technologie die Datenschutzrechte der Patient:innen eingehalten und gleichzeitig Innovationen und Fortschritte in der Medizin gefördert werden.
Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA)
HIPAA ist ein 1996 erlassenes US-Gesetz zur Übertragbarkeit von Krankenversicherungen und Verantwortlichkeit von Versicherern. Es wurde ursprünglich verabschiedet, um die Gesundheitsversorgung von Arbeitskräften bei einem Arbeitsplatzwechsel zu gewährleisten.
Heute wird HIPAA vor allem mit dem Schutz der Privatsphäre und der Sicherheit vertraulicher Patientendaten in Verbindung gebracht. Das Gesetz legt fest, wie medizinische Fachkräfte Patientendaten speichern, verwenden und weitergeben dürfen, und welche Strafen bei Verstößen drohen.

Health Information Technology for Economic and Clinical Health (HITECH)
Der HITECH Act schreibt regelmäßige Prüfungen von Anbietern im Gesundheitswesen vor, um deren Einhaltung der Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen des HIPAA sicherzustellen. Die Informationssicherheitsstandards des HITECH Act sind hoch. MedTech-Anbieter und beteiligte Unternehmen riskieren Strafen und zusätzliche Kosten, wenn sie Patientendaten nicht ausreichend schützen.
Die wichtigste Verordnung für Medizinprodukte in der Europäischen Union ist die Verordnung (EU) 2017/745. Sie finden Sie unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02017R0745-20200424.
Medical Device Regulation (MDR)
Die Medizinprodukteverordnung regelt den Entwicklungsprozess und den Vertrieb von Medizinprodukten. Seit dem 26. Mai 2021 müssen alle Medizinproduktehersteller, die ihre Produkte in der EU vermarkten wollen, diese Verordnung einhalten. Andernfalls erhalten sie keine Zulassung. Gemäß der EU-MDR gilt Software, die für medizinische Zwecke entwickelt wurde, als Medizinprodukt.
Food and Drug Administration (FDA)
In den USA wird die Herstellung und Sicherheit von Medizinprodukten durch die Food and Drug Administration reguliert und überwacht.
In der MedTech-Branche ist die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften von entscheidender Bedeutung. Jedes Gerät und jede Anwendung muss die erforderlichen Standards erfüllen, um die Sicherheit der Nutzer:innen zu gewährleisten. Die dahinterstehenden Prozesse sind langwierig und aufwendig. Auf die Hersteller der Medizinprodukte kommen teilweise hohe Kosten zu.

(Quelle: Pulse of the industry medical technology report 2022, EY.)
ISO 13485
Neben den obligatorischen Vorschriften gibt es auch Normen bzw. Konformitätszertifikate, die die Konformität und Zuverlässigkeit von Medizinprodukten bestätigen. Ein Beispiel für ein solches Zertifikat ist die Norm ISO 13485, die die Übereinstimmung des Produkts mit den gesetzlichen Anforderungen bescheinigt.
Obwohl Hersteller nicht zum Erwerb einer Konformitätszertifizierung verpflichtet sind, ist sie durchaus sinnvoll – allein schon als Verkaufsargument. Das Produkt gewinnt an Glaubwürdigkeit und Hersteller sparen Zeit beim Nachweis, dass das Produkt alle Standards erfüllt. Solche Zertifikate sind ein wertvolles Asset und sollten deshalb bei jedem MedTech-Projekt berücksichtigt werden.
Im Durchschnitt dauert ein medizinisches Projekt 3 bis 5 Jahre
Wegen der regulatorischen Komplexität von Medizinprodukten wie Software ist es für Unternehmen grundsätzlich von Vorteil, ein dafür sensibilisiertes Team aufzubauen. Ein Ansprechpartner, der sich mit den rechtlichen Nuancen und Risiken auskennt, ist eine wichtige Anlaufstelle im gesamten Entwicklungsprozess. Er kann Lösungen aufzeigen und seine Projektmitglieder auf den richtigen Kurs bringen, um die Vorschriften und Software-Anforderungen in allen Phasen des Projekts zu erfüllen.

„Unsere Software wird so entwickelt, dass sie den höchsten Standards entspricht und von den Aufsichtsbehörden zugelassen wird. Vor der Inbetriebnahme erfolgen sorgfältige Tests durch medizinisches Fachpersonal, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Software zu gewährleisten. Dadurch wird sichergestellt, dass die Software die Anforderungen erfüllt und das Ziel der Früherkennung und der Verbesserung der Patientenergebnisse“, so Patryk Monarcha.
Die Sicherstellung der Qualität von klinischen Studien ist ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung lebensrettender Behandlungen. Echtzeit-Tracking und Echtzeit-Berichte tragen dazu bei, das Risiko fehlerhafter Incidents zu verringern und Anwendungen rechtzeitig verbessern zu können.
Ein Blick in die Zukunft der medizinischen Innovation

Die Zukunft der MedTech-Branche ist vielversprechend. Sie verspricht großen Freiraum für Innovationen und neue Messmethoden, die die Patientenversorgung revolutionieren können.
Patryk Monarcha unterstreicht, wie wichtig es für die MedTech-Industrie ist, den Fokus auf innovative Tools zu legen: „Statt uns auf alte, klobige Geräte zu verlassen, können wir bessere Systeme für Patient:innen vorschlagen. Zum Beispiel Smartwatches für einfache Herzmessungen.“

„Maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz und Datenanalyse werden weiterhin den Fortschritt medizinischer Expertise und die Entwicklung effektiverer Behandlungen vorantreiben“, sagt Michał Gorgon, Embedded Engineer. „Und wer weiß, vielleicht werden wir schon bald sehen, dass Roboter Routineeingriffe komplett übernehmen und noch genauere Diagnosen und Behandlungsmethoden ermöglichen. Die Chancen für die Zukunft der Medizintechnik sind endlos.“
Zusammenfassung: Medizinische Software braucht Spezialisten und Patientenfokus
In der Welt der Medizintechnik dreht sich alles um Innovation – aus der Intention heraus, Patient:innen mit besseren Hilfsmitteln und fortschrittlicher Wissenschaft zu behandeln. Die enge Zusammenarbeit mit medizinischem Fachpersonal ist essenziell für die Entwicklung von Lösungen, die den Bedürfnissen der Patient:innen entsprechen und ihre Sicherheit gewährleisten. Sie senkt die Kosten und liefert den nötigen Kontext für die Prozesse der Softwareentwicklung.
Spitzentechnologie eröffnet der Forschung heute neue Möglichkeiten der Produktentwicklung, die in vielen Fällen Leben retten können. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Qualität der Medizinprodukte und ihre Auswirkungen auf die Patient:innen in den Vordergrund zu stellen.
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